Sonntag, 27. Dezember 2009


Engelbert Humperdinck GAUDEAMUS


Mit Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der Drachenfels zum viel besuchten Ausflugsziel. Heute verbindet die Straßenbahnlinie 66 die Stadt Siegburg mit dem bekannten Berg bei Königswinter, somit den Geburtsort des Hänsel und Gretel-Komponisten Engelbert Humperdinck mit dem Schauplatz von Gaudeamus, sein letztes Bühnenwerks.

Auf dem Drachenfels

Nach der Kölner Uraufführung seiner Oper Die Marketenderin hatte Engelbert Humperdinck mit seinem Textdichter Robert Misch 1914 einen Ausflug auf den Drachenfels unternommen. Das inspirierte ihn, seine nächste Oper nicht wie geplant in Thüringen, sondern am Rhein spielen zu lassen. Das Libretto gibt die Spielorte an: „1. Akt - Auf dem Drachenfels, 2. Akt - Mädchenpensionat in Boppard, 3. Akt - Vor dem Wirtshaus Zur Krone in Aßmannshausen“.

Der Jugend gewidmet

1917 verkündete Humperdinck in der Nationalzeitung: „Augenblicklich ist es die Partitur einer dreiaktigen heiteren Oper aus der Biedermeierzeit, die in meiner rheinischen Heimat spielt und lustige Vorgänge aus dem Studentenleben zum Gegenstand hat.“ In die Partitur seiner Studentenoper Gaudeamus schrieb Humperdinck „Hoch die Jugend! Tod den Philistern“ und widmete seine letzte Oper der jungen Generation.

Stramme Burschenschafter

Auf dem Drachenfels bei Königswinter veranstaltet 1820 die studentische Verbindung Teutonia einen Kommers mit anschließender Fuchstaufe. Der Teutonia-Marsch wird angestimmt: „Alt-Heidelberg, die Feine, / die hat die besten Weine, / jedoch im schönen Bonne / schwebst du in höchster Wonne.“ Der Burschenschaftler Rolf ist für Fanny entflammt, die Tochter des Bonner Bürgermeisters. Sie ist gegen ihren Willen vom Vater dem ältlichen Stadtrat Zuckschwert versprochen. Heimlich verloben sich Fanny und Rolf im Mondschein auf dem Drachenfels; die Studenten schmettern dazu ein „Gaudeamus igitur“. Der zweite Akt spielt in einem Mädchenpensionat in Boppard, in das Fanny verbannt wurde. Als „Tante“ verkleidet verschafft Rolf sich Zutritt und entführt seine Braut nach Aßmannshausen. Dort amtiert Fannys Onkel als Pfarrer. Im dritten Akt halten die Studenten den Bonner Bürgermeister davon ab, die Kirche zu betreten, in der Rolf und Fanny getraut werden. Die Hochzeit wird vor dem alteingesessenen Gasthaus „Zur Krone“ gefeiert.

Proteste linker Studenten

Die Uraufführung von Gaudeamus fand 1919 im Rahmen einer Humperdinck-Festwoche am Theater in Darmstadt unter der musikalischen Leitung von Erich Kleiber statt. Sie wurde von Flugblattaktionen linker Studenten gegen eine „Burschenschaftsoper“ begleitet. In den Presseberichten wurde die „melodiöse und leichtflüssige“ Musik gelobt, jedoch der „stellenweise allerdings gar zu naiv geschriebenen Text“ ungünstig besprochen. Weitere Aufführungen von Gaudeamus gab es noch an den Theatern der Universitätsstädte Rostock und Kiel, dann verschwanden die Noten im Verlagsarchiv.

Harmlose Heiterkeit

Unter dem Eindruck einer Aufführung von Pfitzners Palestrina in Berlin, wo sich Humperdinck eine Inszenierung von Gaudeamus erhoffte, schrieb der Komponist seinem Sohn Wolfram: „Es ist mir nun wieder klar geworden: in einem Theater, wo das Publikum an einem so ernsten, sinnlich fast reizlosen Werk Geschmack findet, ist für die harmlose Heiterkeit des Gaudeamus kein Platz.“